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Gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung in Kitas
Ergebnisbericht einer Online-Befragung bei Trägern in Hessen
Zur Relevanz einer gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung
Die Gesundheitsförderung in Kindertageseinrichtungen gewinnt zunehmend an Bedeutung, da sie nicht nur das Wohlbefinden der Kinder, sondern auch das der Eltern und Mitarbeitenden maßgeblich beeinflusst. In diesem Kontext kommt der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung eine Schlüsselrolle zu. Sie zielt darauf ab, ein Umfeld zu schaffen, das die physische und psychische Gesundheit aller Beteiligten aktiv fördert und unterstützt.
Gesunde Mitarbeitende, die sich von der Organisation unterstützt fühlen, bleiben eher im Unternehmen, haben geringere Fehlzeiten und sehen häufiger die Möglichkeit, bis zur Rente erwerbstätig zu bleiben. Ein gutes Betriebsklima kann die Zusammenarbeit und Kommunikation verbessern und das Engagement der Mitarbeitenden steigern. Nicht zuletzt profitieren Unternehmen, die sich aktiv für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden einsetzen, von einem Imagegewinn, der dazu beitragen kann, talentierte Mitarbeitende anzuziehen und das Unternehmen positiv von anderen Arbeitgebern abzuheben.
So treffen sich sich die Ziele einer gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung und die Interessen der Träger.
Gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung in Kitas: Aktueller Stand und Bedarfe
Um den aktuellen Stand und die Bedürfnisse der Träger in diesem Bereich zu erfassen, hat die Fachstelle Gesundheitsfördernde Kita gemeinsam mit dem HAGE-Arbeitsbereich Qualitätsentwicklung und Evaluation und in Kooperation mit dem Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales eine umfassende Befragung durchgeführt. Befragt wurden 73 Trägervertreter in Hessen im Zeitraum Januar und Februar 2024.
Die Ergebnisse geben einen detaillierten Einblick in den aktuellen Stand der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung in hessischen Kitas. Sie beleuchten sowohl Erfolge als auch Herausforderungen und bieten eine wertvolle Grundlage für die Weiterentwicklung und Stärkung gesundheitsfördernder Maßnahmen im Kita-Bereich. Diese Erkenntnisse sind nicht nur für die unmittelbar Beteiligten von Bedeutung, sondern tragen auch zur Verbesserung der Gesundheitsförderung im gesamten frühkindlichen Bildungssektor bei.
„Gesundheitsfördernde Kita auf der Grundlage des Bildungs- und Erziehungsplans für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Hessen“ wird seit 2017 in Kooperation mit dem Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales (HMSI) umgesetzt. Mit Wirkung zum 01.03.2023 wurde das Projekt zur Fachstelle Gesundheitsfördernde Kita weiterentwickelt, um das bestehende Angebot nach dem Setting-Ansatz auszubauen und die Rolle der Träger im Bereich der Gesundheitsförderung in das Angebot zu integrieren. Dabei spielt die gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung eine zentrale Rolle, indem sie die Kinder, Eltern, das soziale Umfeld und die Fachkräfte der Einrichtungen berücksichtigt.
In diesem Zusammenhang wurde eine Erhebung zu gesundheitsfördernden Aktivitäten und Maßnahmen der Träger von Kindertageseinrichtungen in Hessen durchgeführt. Ziel der Erhebung war es, die Perspektiven und Expertise der Träger zu erfassen, um darauf basierend ein gezieltes Beratungskonzept entwickeln zu können. Die Einschätzungen und Erfahrungen der Teilnehmenden waren dabei von großer Bedeutung.
Die Erhebung bietet einen Überblick über bereits umgesetzte Maßnahmen sowie über die Faktoren, die die Umsetzung beeinflussen. Zudem verdeutlicht sie, in welchem Maße eine gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung in den Einrichtungen etabliert ist und welche Aspekte in der Praxis berücksichtigt werden müssen. Erfasst wurden auch die Bedarfe und Bedürfnisse der Träger, um darauf aufbauend passgenaue Angebote und Strukturen gestalten und damit Maßnahmen der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung in hessischen Kindertageseinrichtungen stärken zu können.
Um einen umfassenden Überblick über die Erfahrungen im Bereich der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung bei den Trägern von Kindertageseinrichtungen zu erhalten und um zu erheben, in welchem Umfang bereits Maßnahmen umgesetzt werden und welche Bedarfe und Bedürfnisse bestehen, wurde eine teilstandardisierte, digitale Befragung entwickelt und durchgeführt.
Studiendesign
Die Datenerhebung erfolgte mittels eines teilstandardisierten digitalen Fragebogens im Januar und Februar 2024 über einen Zeitraum von sechs Wochen. Der über einen Internetlink erreichbare digitale Fragebogen richtete sich an die Träger von Kindertageseinrichtungen in Hessen. Die Einladung zur Teilnahme an der Befragung erfolgte per E-Mail mit einem Informationsschreiben über den Verteiler der HAGE und den des Hessischen Ministeriums für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales. Es wurde bewusst offengehalten, welche Person in welcher Funktion beim Träger den Fragebogen beantworten kann. Die Grundgesamtheit aller Träger in Hessen ist nicht bekannt.
Sowohl die digitale Datenerhebung als auch die Auswertung der Ergebnisse erfolgte mit der Software LamaPoll.
Fragebogen
In Anlehnung an die für die gesundheitsfördernde Organisationsentwicklung relevanten Aspekte wurde der Fragebogen in folgende Bereiche operationalisiert:
- Allgemeine Angaben zur Person/zum Träger
- Allgemeine Angaben zum Träger im Feld Gesundheitsförderung
- Angaben zum Träger im Feld der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung: Aktivitäten zur Unterstützung gesundheitsfördernder Einrichtungen
- Angaben zum Träger im Feld Gesundheitsförderung: Aktivitäten für die Mitarbeitenden in den Einrichtungen
- Angaben zum Unterstützungsbedarf der Träger von Kindertageseinrichtungen
Die Erhebung zeigt, dass die Träger von Kindertageseinrichtungen in Hessen eine Vielzahl von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung auf unterschiedlichen Ebenen in unterschiedlicher Intensität unterstützen.
Eine verantwortliche Person, die für die kontinuierliche Weiterentwicklung der gesundheitsförderlichen Organisationsentwicklung zuständig ist, ist in weit über der Hälfte der rückmeldenden Organisationen zwar benannt, aber noch nicht überall optimal strukturell eingebunden. Um den fachlichen, strukturellen und konzeptionellen Anforderungen gerecht zu werden, sollte in jeder Trägerorganisation eine verantwortliche Ansprechperson benannt sein. Diese für die Weiterentwicklung der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung zuständige Person benötigt das notwendige Wissen, die notwendigen methodischen und fachlichen Kompetenzen und Kapazitäten sowie eine gute Vernetzung und organisatorische Einbindung.
Die Auswertung hat ergeben, dass ein Fokus auf der Betrachtung der individuellen Gesundheit von Mitarbeitenden sowie der Verhaltensprävention liegt. Dies wird u. a. beim Bedarf der Träger nach mehr Sensibilisierung der Mitarbeitenden für Gesundheitsfragen und Stärkung der Eigenverantwortung erkennbar.
Relevante Qualitätskriterien der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung wie beispielsweise Partizipation, die Förderung einer Kultur der Anerkennung und Wertschätzung sowie die Mitbestimmung bei Entscheidungsprozessen im Setting Kindertageseinrichtung werden vielfach in den Einrichtungen gelebt und unterstützt.
Strategien zur Gesundheitsförderung sollten stärker als ein integraler Bestandteil der Organisations- und Qualitätsentwicklung in die bestehenden Prozesse der Einrichtungen integriert werden. Diese Entwicklung ist durch klar definierte Standards zu unterstützen und kontinuierlich zu evaluieren. Dies erfordert zeitliche und finanzielle Ressourcen für die Analyse, Planung und Umsetzung gesundheitsfördernder Maßnahmen.
Die Arbeitsplatzgestaltung sollte unter ergonomischen Gesichtspunkten optimiert werden. Es wird empfohlen, dass Träger in die Fortbildungen der Mitarbeitenden sowie der Leitungskräfte mit Fokus auf Gesundheitsförderung investieren. Zudem sollte den Einrichtungen eine Unterstützung durch externe Beratungen ermöglicht werden. Insbesondere wird der Bedarf nach kontinuierlicher Beratung zu gesundheitsfördernden Aspekten deutlich. Die Kommunikation zwischen der Einrichtungsleitung und dem Träger sollte maßgeblich gestärkt sowie eine offene Feedbackkultur und Mitarbeiterbeteiligung eingerichtet werden. Empfohlen werden außerdem Schulungen für Leitungen im Bereich der gesundheitsfördernden Führung. Die Rückmeldungen dokumentieren teilweise Anspannung, Druck und Not durch bestehende Rahmenbedingungen.
Auf Grundlage des formulierten Bedarfs sollten Maßnahmen zur Reduktion von Arbeitsbelastungen für Mitarbeitende implementiert sowie die Entwicklung eines Konzepts zur Förderung der psychischen Gesundheit der Mitarbeitenden unterstützt werden. Eine weitere Aufgabe sehen die Träger in dem Engagement auf politischer Ebene für verbesserte Rahmenbedingungen und Ressourcen im gesamten Setting Kindertageseinrichtungen.
Die Anerkennung von betrieblicher Gesundheitsförderung sollte als integraler Bestandteil der Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen an Bedeutung gewinnen. Hierbei wird eine Kooperation mit externen Kooperationspartner wie der HAGE, Krankenkassen, Sportvereinen, Berufsgenossenschaft, regionalen Gesundheitsanbietern u. ä. empfohlen.
Bedarfe für die Unterstützung durch die Fachstelle
Aus den Ergebnissen lassen sich folgende Bedarfe für die Unterstützung durch die Fachstelle Gesundheitsfördernde Kita ableiten.
Die Unterstützung bei der Bedarfsanalyse zur Ermittlung der spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen in den Einrichtungen, die individuelle Beratung und Unterstützung bei der Umsetzung der oben genannten Maßnahmen sowie der Ausbau von Schulungen und Workshops sind einige der zentralen Leistungen, die eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Einrichtungen ermöglichen können. Des Weiteren können die Entwicklung und Bereitstellung von Instrumenten zur regelmäßigen Evaluation der implementierten Maßnahmen und ihrer Wirksamkeit hilfreich sein. Die Förderung des Austausches und der Vernetzung zwischen den Einrichtungen, aber auch auf der Ebene der Träger ist eine wichtige Maßnahme, die weiter ausgebaut werden sollte.
Die große Vielfalt der Trägerorganisationen wurde auch in dieser Befragung deutlich. Die erstmals in dieser Form durchgeführte Befragung ist daher eine wichtige Ressource: Die Daten geben wichtige Hinweise auf bestehende Gestaltungsaufgaben und zeigen die bereits vielfach begonnene Entwicklung zu gesunden Organisationen. Sie zeigen aber auch, dass es noch nicht überall gelingt, den Wandel so zu gestalten, wie es erforderlich wäre. Schließlich ist es notwendig, Gesundheitsförderung als prozessorientierte, ganzheitliche Strategie stärker als bisher bei den Trägern und Institutionen zu verankern, diese immer wieder für die integrierte Gesundheitsförderung zu sensibilisieren und in diesen Schritten zu stärken.
In diesem Sinne setzt sich die Fachstelle „Gesundheitsfördernde Kita“ im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die Umsetzung gesundheitsförderlicher Rahmenbedingungen in hessischen Kindertageseinrichtungen ein und engagiert sich dafür gemeinsam mit dem Land Hessen. Die aus der Befragung abgeleiteten Bedarfe und Erkenntnisse werden als Grundlage für die weiteren Planungen der Fachstelle genutzt.
Die Rückmeldungen der Träger liefern wichtige Anknüpfungspunkte für die inhaltliche Weiterentwicklung der Fachstelle Gesundheitsfördernde Kita, die sich an den Bedarfen der hessischen Kitas orientiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Fachstelle bereits Wichtiges aufgreift und umsetzt. Hinsichtlich des Wunsches nach gesundheitsfördernden Angeboten kann die Fachstelle an bereits bestehende Angebote anknüpfen:
Datenbank
In der Datenbank der Fachstelle ist eine Übersicht über die aktuellen Angebote zusammengestellt. Hier werden vielfältige Angebote von Kooperationspartnern sowie themenspezifische Fortbildungen gelistet und den hessischen Kitas zur Verfügung gestellt.
Newsletter
Mit einem Newsletter informiert die Fachstelle dreimal im Jahr über aktuelle Aktivitäten, Veranstaltungen und Wissenswertes.
Fortbildungen
Der von den Trägern gemeldete Bedarf an Fortbildungen, insbesondere für Leitungskräfte, wird von der Fachstelle mit Angeboten zum Thema „Gesundheitsfördernde Kita - auf der Grundlage des BEP" in Form von Fortbildungen teilweise gedeckt. Die große Nachfrage nach Fortbildungen kann derzeit aus den Ressourcen der Fachstelle nur teilweise gedeckt werden. Diese Fortbildungen werden auch für Fachberatungen angeboten. Diese werden durch die Fortbildungen darin unterstützt, die Einrichtungen bei der Konzeption einer gesundheitsfördernden Kita auf der Grundlage des BEP zu begleiten.
Sensibilisierung, Beratung, Fachtagung
Die Fachstelle verfolgt darüber hinaus das Ziel, Träger für Themen der gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung zu sensibilisieren. Darüber hinaus werden Beratungsangebote für Träger durchgeführt und jährlich ein themenspezifischer Fachtag organisiert. Im Oktober 2024 organisiert die Fachstelle einen digitalen Fachtag für Träger von Kindertageseinrichtungen in Hessen zum Thema „Möglichkeiten und Impulse zur gesundheitsfördernden Organisationsentwicklung in Kitas".
Weitere Planungen
Es besteht der Wunsch der Träger nach Standardsetzung durch das Land Hessen. Auch wurde die Verleihung eines Preises „Gesunde Kita" vorgeschlagen, der Fortschritte im Bereich der Gesundheitsförderung auszeichnet.
Wir bedanken uns recht herzlich bei allen Trägern für die aktive Teilnahme an dieser Befragung!
Wenn Sie weitere Informationen zu der Befragung erhalten möchten, freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Bild: © HAGE/Anja Weiss